Genderpflicht in Unternehmen: Ja oder nein?*
*Spoiler: Jein.

Zwei Emojis mit Sprechblase, in dem jeweils das Gender-Sternchen zu sehen ist. Ein Emoji ist glücklich, das andere wütend.

Inhaltsverzeichnis

Viele Unternehmen überlegen derzeit, Regelungen für einen geschlechtergerechten Sprachgebrauch einzuführen. Dazu gehört auch die Entscheidung, wie gegendert wird, ob mit Doppelnennung oder etwa dem Genderstern oder ob weitestgehend geschlechtsneutrale Formulierungen genutzt werden sollen. Damit einher geht auch die Frage, ob diese Regelungen Empfehlung oder Verpflichtung für Mitarbeitende sein sollen.

Für mich ist die Antwort ein klares Jein. Aber bevor ich meine persönliche Einschätzung teile – was sagt eigentlich die Gesetzgebung dazu?

Gesetzliche Rahmenbedingungen für gendergerechte Sprache in Unternehmen

Die Gesetzeslage lässt es in der Theorie zu, dass Unternehmen ihren Angestellten für ihre dienstliche Kommunikation eine bestimmte Ausdrucksweise vorgeben können – und damit auch, ob und wie sie zu gendern haben. So hat gemäß „§ 106 Gewerbeordnung (GewO) […] der Arbeitgeber aufgrund seines Weisungsrechts die Möglichkeit, neben Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung auch die Ordnung und das Verhalten der Belegschaft im Betrieb zu bestimmen. Daher können Unternehmen grundsätzlich von der Belegschaft verlangen, in der dienstlichen Kommunikation nach außen und nach innen zu gendern“, so die Rechtsanwältin Dr. Petra Ostermaier.

Umgekehrt haben Beschäftigte jedoch kein Anrecht auf eine bestimmte Ansprache. Unternehmen sind nicht verpflichtet, geschlechtergerechte Sprache einzuführen. Und auch Mitarbeitende, die explizit nicht mit gegenderten Formulierungen angesprochen werden möchten, haben keine rechtliche Grundlage, dies vor dem Arbeitgeber durchzusetzen. Der Fall eines Audi-Mitarbeiters, der gegen eine gegenderte Anrede geklagt hatte, ging vor einigen Monaten durch die Medien. Vor Gericht durchgekommen ist er damit bislang nicht: Das Landgericht Ingolstadt sah weder sein allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzt noch einen Verstoß gegen das Allgemeine Gleichstellungsgesetz. Ergo darf sein Arbeitgeber ihn weiterhin ansprechen, wie er es für richtig hält.

Pro und Contra: Gendern im Unternehmenskontext

Sollten Unternehmen einen für alle Mitarbeitenden verpflichtenden Genderleitfaden einführen, der ihnen eine bestimmte Art zu gendern im gesamten dienstlichen Kontext vorschreibt? Nein. Unternehmen sollten die Individualität ihrer Angestellten sowie deren persönliche Meinung respektieren. Ihnen auf Biegen und Brechen eine gewisse Ausdrucksweise vorzuschreiben, könnte dazu führen, dass ihre Zufriedenheit im Job und das Betriebsklima leiden. Genauso wenig wie ich mir wünsche, dass mir niemand das Gendern verbietet, möchte ich im Umkehrschluss auch niemandem untersagen, weiterhin das generische Maskulinum zu nutzen.

Ich sehe jedoch eine nicht unbedeutende Ausnahme: Die offizielle Kommunikation im Namen des Unternehmens. Für diese ist es durchaus wichtig, Einheitlichkeit zu schaffen und, wie man so schön im PR-Jargon sagt, „mit einer Stimme zu sprechen“. Texte auf der Firmenwebsite, auf Social Media und anderen Kanälen drücken die Haltung des Unternehmens aus und nicht zwangsweise die von der Person, die sie verfasst hat.

Deswegen finde ich es sinnvoll, als Unternehmen für die Kommunikation auf offiziellen Unternehmenskanälen eine verbindliche Schreibweise einzuführen. Gendern wird somit zum Teil des Wordings, zum Teil der Corporate Identity.

Die Einführung dieser Regelungen zum Gendern will dabei gut vorbereitet sein. Alle Mitarbeitenden, die mit solchen Texten zu tun haben, müssen ins Boot geholt werden. Idealerweise sind sie am Entscheidungsfindungsprozess beteiligt. Denn nur so kann diese Haltung glaubwürdig transportiert werden. Es ist wichtig, den Mitarbeitenden sachliche Informationen an die Hand zu geben sowie die Argumentation transparent zu machen. Es muss für alle nachvollziehbar sein, wieso bestimmte Vereinbarungen getroffen werden. Gleichzeitig sollte der Arbeitgeber Verständnis dafür aufbringen, dass diese Änderung aus Skepsis oder gar Protest stößt. Dabei gilt es, die Gegenargumente ernst zu nehmen und mit Verständnis auf sie einzugehen.

Fazit: Sollen Unternehmen eine Genderpflicht einführen?

Unternehmen sollten für ihre Kommunikation verbindliche Regelungen finden, wie mit geschlechtergerechter Sprache zu verfahren ist, sofern im Namen des Unternehmens gesprochen wird. Für die weitere dienstliche Kommunikation der einzelnen Mitarbeitenden können sie eine Empfehlung aussprechen, sollten aber keinen Zwang auferlegen.

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